Essay

Matthes & Seitz 2018

 

Narzissmus – die Conditio humana des Neoliberalismus? Wie wird gesellschaftliche Konformierung permanent über die Sucht nach Bestätigung getriggert? Wie narzisstisch sind Selbstbescheidung, Neue Gemeinschaftlichkeit und schamlos zur Schau gestellte Uneitelkeit? Soziale Netzwerke – ein nicht aufhören wollendes Narzissmus-Coming-out? Kann der Kapitalismus durch Psychotherapie egomaner Bosse, Spekulanten und Politclowns wirklich gerettet werden? Und soll er das überhaupt?

Und: Warum fallen wir immer wieder auf das narzisstische Super-Arschloch herein? Aber: Welches kleine, dreckige Geheimnis verbindet uns mit diesem? Wie frauen- und schwulenfeindlich ist und war der psychologische Narzissmusdiskurs? Wer ist narzisstischer: der Dandy, die Femme fatale oder der selbstlose Unternehmer, der gerade ein Waisenhaus gestiftet hat? Kann der Narzissmusvorwurf als Waffe einer durch und durch narzisstischen Gesellschaft dienen, gegen Außenseiter_innen, Eigenbrötler_innen, letzte Reste unkorrumpierbarer Individualität oder sogar ein höheres geistiges Niveau als das jeweils eigene? Welche Probleme hatte Prof. Freud mit Frauen, Raubkatzen und Jongleuren?

Beurteilen Sie diese Aussage auf einer Skala von 1 bis 5: Wer den Narzissmus zuerst gerochen, aus dem ist er gekrochen …

Alle diese Fragen und Probleme versucht Richard Schuberth in seinem bei Matthes und Seitz erschienenen literarischen Essay »Narzissmus und Konformität. Selbstliebe als Illusion und Befreiung« zu behandeln. Und kommt zu mitunter erstaunlichen Ergebnissen.

Für sein Buch wurde der Autor im Mai 2019 mit dem Herbert-Tumpel-Preis der Arbeiterkammer Wien ausgezeichnet.

 

Reaktionen & Rezensionen

 

Der Frage wer, aus welcher Position – und Motivation – heraus von Narzissmus spricht, geht Schuberth auch in anderen Teilen seines zugleich aufschlussreichen und witzigen Buches nach. Und dem Verdacht, ob jene, die über den Narzissmus der anderen schimpfen, nicht im Grunde von sich selbst sprechen. Wobei es hier nicht bloß darum geht, den Narzissmus-Vorwurf als Projektion zu entlarven – sondern um den gesellschaftlichen und historischen Kontext dieser Verkennung.

Sama Maani, Neues Deutschland

 

Obwohl immer wieder die Frage auftaucht, inwieweit der Narzissmus zu den Krankheiten gerechnet werden kann, ist Schuberths Buch keine psychologische Studie, sondern ein evident politischer Wurf, der manche Leserin, manchen Leser ins Staunen versetzen wird …

Robert Sommer, Augustin

 

Doch sind die professionellen Diagnostiker mitunter selbst Teil des Problems, behauptet zumindest der Schriftsteller und Gesellschaftskritiker Richard Schuberth in seinem provokanten wie amüsanten Buch Narzissmus und Konformität. In seiner Bestandsaufnahme nimmt er unsere egozentrischen Lebenswelten aufs Korn und beleuchtet die historische Genese.
Kritikwürdiger als die Persönlichkeitsstörung scheint oft ihre Beurteilung: Wie kommt es, dass überaus gestrengen Kulturkritikern und abrechnungsfreudigen Psychologen die verfemte Extravaganz vor allem bei Frauen und Homosexuellen aufstieß?

Imogena Doderer, Kulturmontag, ORF

 

Einen völlig neuen Blick auf das Reizthema Narzissmus wirft der Wiener Schriftsteller und Kulturkritiker Richard Schuberth. In seinem Essay ›Narzissmus und Konformität‹ bürstet er den pathologischen Selbstbezug gegen den Strich und entwirft ein breites ideologiekritisches Panorama einer Gesellschaft, die in ihrer neoliberalen Verfasstheit nichts anderes als narzisstisch sein kann und in der das notwendig fragile Ich permanent zwischen persönlicher Entwertung und Allmachtsfantasien aufgerieben wird.

Sein Hauptaugenmerk legt Schuberth auf einen gesellschaftlichen Konformismus, der durch die eitle Sucht nach Bestätigung geregelt wird und gerade Versuche von individueller Autonomie als narzisstisch ahndet. Besonders deutlich wird das in der ›Likeokratie‹ der Sozialen Netzwerke. Neben der analytischen Dichte besticht das handliche Buch durch seine hohe literarische Qualität und einen Humor, der von Sarkasmus auch zu versöhnlicher Ironie findet, wenn Schuberth zum Beispiel am Ende die nie ganz geklärte Frage beantwortet, ob man sich nun selbst Zungenküsse geben darf.

ORF.at

 

Die US-amerikanische Psychologin Jean-Marie Twenge prägte das Schlagwort der ›Narzissmus-Epidemie‹. Doch sind die professionellen und Laiendiagnostiker mitunter selbst Teil des Problems, behauptet der Schriftsteller und Gesellschaftskritiker Richard Schuberth in einem dieser Tage bei Matthes & Seitz erschienenen provokanten und amüsanten Essay. Schuberth spürt der Geschichte der Verkapselung des modernen Ichs nach, prüft das Phänomen an den Spannungspolen gesellschaftlicher Konformismus und Widerstand, analysiert, warum wir alle unter gegebenen neoliberalen Bedingungen narzisstisch sein müssen, mokiert sich über den akzeptierten Narzissmus der sozialen Medien und findet am Ende dennoch eine optimistische Antwort auf die heikle Frage, ob man sich nun selbst Zungenküsse geben darf.

Der Standard

 

Ohne Romantizismus zeigt Schuberth, inwiefern gerade eine linke Blasenbildung, in einer Zeit, in der man noch nicht so davon sprach, Widerständiges florieren lassen half. Unter den neuen Bedingungen weltweiten Netzgeplappers wird das Denken jedoch unmittelbar mit seiner objektiven Bedeutungslosigkeit konfrontiert – eine Kränkung, die die Schreibenden umso mehr zum Verzapfen von anbiederndem Zeugs nötigt, das zumindest noch die Hoffnung auf den nächsten Like eröffnet.

Arne Kellermann, Literatur und Kritik

 

In seiner ebenso elegant wie gekonnt-polemisch verfassten Bestandsaufnahme nimmt Richard Schuberth die ichverseuchten egomanen Lebenswelten der Einge- und Verklemmten in den Blick; der Autor vergisst dabei nicht das Sprechen über das Phänomen Narzissmus und dessen hochinteressante historische Genese …

Sigmund-Freud-Buchandlung Oberweid

 

Interviews

 

Interview mit Radio Corax, Rostock, 9. August 2018

 

 

Interview mit dem Bayerischen Rundfunk, 11. Oktober 2018

 

 

TV-Interview mit W24, 14. Dezember 2018