Essays, Polemiken, Reden und Satiren 1994–2014

3 Bande im Schuber

Drava 2013

 

 

»Und die Säure will den Glanz und der Rost sagt, sie sei nur zersetzend.« Diesen Aphorismus von Karl Kraus setzt Richard Schuberth als Motto über das Best of jenes publizistischen Schaffens, das sich neben seinen anderen literarischen Werken angesammelt hat.

Seine besten Standard-Gastkommentare finden sich hier ebenso wie Texte, die in Literatur und Kritik, Konkret, Augustin, Manuskripte, Merkur, der Presse und anderswo erschienen sind. Ein buntes Mosaik an Themen bietet der Essayband im Rückblick: Kulturalismus, Antisemitismus, Sozialabbau, die Jugoslawienkriege, der Migrations- und Integrationsdiskurs, linke Kritik der Linken (der Rechten und der politischen Mitte ohnehin), Balkanismus und Orientalismus, Ernährungsphysiologie als Herrschaftstechnik, Pseudosubversion, der Nukleus einer Satiretheorie und eine dialektische Infragestellung von Political Correctness und Incorrectness; zudem Reflexionen zu Michael Moore, den Spice Girls, Grissemann & Stermann, Sasha Baron Cohen, Natascha Kampusch, Estìbaliz C., Maria Fekter, Elfriede Jelinek, Tanja Ostojić, Emir Kusturica, Andreas Hofer, William Congreve und dem Theater der Stuart-Zeit, der Orientreisenden Mary Montagu, Denis Diderot, der Feministin Mary Wollstonecraft, Robert Burns, Petar II. Petrović-Njegoš, Johann Nestroy und Oscar Wilde.

Wo ihm wissenschaftliche Sachlichkeit zu wenig objektiv ist, greift Schuberth zur irregulären Waffe subjektiver Polemik. Vielleicht gibt das vorliegende Buch erst die disparaten Mosaiksteinchen aus 20 Jahren als deutliches Bild zu erkennen, dessen zentrale Motive ein glühender Antiessenzialismus sowie Gesellschaftskritik als satirische Sprachkunst sind.

 

 

Reaktionen & Rezensionen

 

 

Als Essayist, Kritiker und Polemiker behauptet sich Schuberth konsequent gegen den intellektuellen Konformismus, der über die bekannten Dinge die bekannten Meinungen hat. Damit nicht genug weiß er, was er zu sagen hat, auch noch scharf und elegant zu formulieren.

Karl-Markus Gauß 

 

Es ist jedoch nicht moralische Entrüstung oder bittere Empörung, die Schuberth solchen gesellschaftlichen Phänomenen entgegensetzt, sondern Ironie, Witz und vor allem eine unbestechliche dialektische Analyse. (…)

Für dieses durchaus ambivalente Unbehagen in der (mitunter tatsächlich kuschelweichen!) Kulturfalle haben bisher nicht viele Autoren so klare Worte finden können wie Richard Schuberth, der sich meisterhaft darauf versteht, die vielen widersprüchlichen Nuancen der Migrationsdebatte in Texte zu gießen, die nicht nur in hohem Maße erhellend sind, sondern auch durch ihre Sprachkunst bestechen und einen echten Lesegenuss bieten.

Mascha Dabić, dastandard.at

 

In den gesammelten Essays und Polemiken, die zu den sprachgewaltigsten in der österreichischen Literatur zählen, geht es z. B. um den Andreas-Hofer-Kult, um Natascha Kampuschs Selbstbehauptung, um das Märchen von den «bildungsfernen Türken», um die «Rebellion» der (nicht nur ukrainischen) Barbiepuppen, um überraschende Seiten von Männern und Frauen der literarischen Welt – und immer wieder um die Mythen der Linken und um die Letztklassigkeit des Wiener Qualitätsjournalismus, durchwegs auf Kraus’schem Niveau der Ironie.

Robert Sommer, Augustin

 

Richard Schuberth ist am interessantesten und lesenswertesten, wenn er bewundern kann. Das beweisen seine Hommage an Natascha Kampusch und seine begeisterte Würdigung der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek. Und da sind auch (Band 3) seine Essays zu Geschichte, Literatur und Literaturgeschichte mit – unter anderem – Beiträgen über Denis Diderot (… «ein Mensch, bei welchem sich ‹wit› und ‹humour›, Witz und Herzensgüte in Balance hielten » …) und den schottischen Dichter Robert Burns, den Schuberth als «ideologischen Ahnvater Heinrich Heines» wertet.

Emma Guntz, Dernières Nouvelles d’Alsace

 

Engagierte Essays, Polemiken, Reden, Dramolette und Satiren der letzten 20 Jahre versammelt Richard Schuberths „Rost und Säure“ in drei Bänden. Die Themenpalette spannt sich von Kulturalismus und Neoliberalismus über Rassismus und Migrantendiskurs bis hin zu den Balkankriegen. Besondere literarische Leckerbissen sind die Porträts von Diderot, Nestroy, Congreve, Bierce und Oscar Wilde. Hier ergreift einer das Wort, der Gesellschaftskritik scharfsinnig mit hoher Sprachkunst verquickt. Dabei pflegt Schuberth einen geistreichen Witz und flamboyanten Sarkasmus, ohne aber je zynisch zu werden. Das macht seine kompromisslose Essayistik auch zu einem ästhetischen Vergnügen und großen Lesespaß.

ORF online

 

Und das ist es, was Schuberth bestens beherrscht: Nicht nur zwischen, sondern direkt in den Zeilen anderer Federn und in den Sprechakten anderer Mäuler aufzuspüren, wie weit es mit der schwachmatischen Argumentation im fundierten Pelz her ist. (…)

Lasst uns dennoch Tucholsky bestehlen und wenden: »Ein schreibender Mann mit Humor, sieh mal an! Hurra!« Denn eine von Schuberths Qualitäten – neben seinem historisch, geographisch und politisch hohen Informiertheitsgrad – ist, dass er richtig lustig sein kann. (…) Karl Kraus ist es auch, von dem sich das Dreifachwerk seinen Namen leiht. Aus Kraus’ Text über Nestroy zum 50. Todestag nimmt Schuberth den Rost und die Säure und stellt unbescheiden seinen drei Bänden voran, was Kraus der politischen Satire hochpoetisch attestierte: »Aber der Witz lästert die Schornsteine, weil er die Sonne bejaht. Und die Säure will den Glanz und der Rost sagt, sie sei nur zersetzend.« (ebd. 429). So vieles gäbe es noch in „Rost und Säure“, was erstaunlich ist in Inhalt und Form und was nachzuerzählen wert und reizvoll wäre. Stattdessen wird es notwendig sein, sich die drei Bände (in einer kleinen Buchhandlung) zu ordern. Und in Zukunft aufmerksam die Zeitungen zu durchforsten nach einem Gastkommentar, in dem Schuberth wieder einmal antritt, die Normalität zu zersetzen: auf der Suche nach dem Glanz.

Lisa Bolyos, Die Versorgerin

 

 Zeitnah und dennoch nicht bloßes Gelegenheitsschreiben (ein unglückliches Wort, wie man rasch erkennt), das findet sich in Schuberths dreibändigem Werk „Rost und Säure“. Die Gelegenheit ist noch da, auch die Erregung, und: im Wort zugleich gebannt und wieder erweckt, wie es schon Bernhard beschrieb, der vielleicht die Zwischentöne, die Schuberths Essay kennt, eher missachtete.

Schuberth ist unbequem, weil er genau ist, und akkurat, um zu stören: um das Konkrete nicht im Cliché zu verlieren, also Engagement und Wahrheit momentan zu verbinden.

Martin A. Hainz, Fixpoetry