Eine Piratenburleske
Geleitwort von Elfriede Jelinek
Literaturedition Niederösterreich 2008
Die flamboyante Theatergroteske spielt in einer noblen Wohnung am Wiener Stadtrand, wo vier Vertreter einer urbanen linksliberalen Kulturkonsumentenszene sich selbst feiern. Dorothé, die Gastgeberin, ist Filmemacherin; Lucy, ein ewig junges Sonnengemüt, ist Ethnologiestudentin; Carl ein ausgebrannter Literat. Und da wäre noch Axel, der Benjamin der Runde, er ist Museumskurator. Diese illustre Abendgesellschaft überhört die Radiodurchsage, dass drei gefährliche Schizophrene aus einer nahe liegenden psychiatrischen Anstalt ausgebrochen seien. Der Anführer der Bande, eine einbeinige Frau, glaubt, der berüchtigte Piratenkapitän Flint zu sein, seine »Adjutanten« halten sich für Oscar Wilde und den osmanischen Piraten Jimmy Fish. Ausgerechnet in Dorothées Wohnung dringen die drei Irren ein …
Schuberth präsentierte das Stück in Form einer szenischen Lesung im März 2007 im Birdland in Wien, begleitet von der Cellistin Rina Kaçinari und dem Geiger Paul Dangl sowie dem kurdischen Duo Aşkın & Coşkun und der Sängerin Irina Karamarković. Im Jänner 2008 trat diese Besetzung auch im Porgy & Bess auf. Bei weiteren Auftritten sprang für Coşkun der Zurna-Spieler Münnür Tunc ein.
Eine bulgarische Übersetzung von Wartet nur, bis Captain Flint kommt! wurde 2010 als Buch im Sofioter Verlag Flamingo Books veröffentlicht. Es existieren zudem schwedische, mazedonische und englische Übersetzungen.
Die Aufführungsrechte liegen beim Wiener Kaiser Verlag.
Reaktionen & Rezensionen
Eine aberwitzige Farce, (…) ein nautisches Irrenhaus der Wahrhaftigkeit, das eins der Warenhaftigkeit (…) ist.
Elfriede Jelinek
Gar nicht plump und weniger ironisch oder sarkastisch als viel mehr zärtlich und mit spitzen Fingern nimmt R. Schuberth diese verrückte, sich selbst zur Aufgabe berufene Meute kunstgieriger, leicht abgehobener, sich zu einer Art mondäner Entrevue berufen fühlender Mix aus jungen und älteren Konsumproduzenten auf die Schaufel, wippt hin, wippt her, und als Leser/in freuts! Das Ende schließt wieder die Linie als Kreis, und was bleibt, ist ein todbringendes Ergebnis. Ja, ich war im Theater, im Kopftheater mit einem Buch in der Hand auf der eigenen Couch.
Erika Wurzenrainer, DUM
Schon in Buchform sprüht das Theaterstück vor Esprit, bei der Live-Lesung fällt der Funke in ein Pulverfass: Schuberth verkörpert alle Charaktere seines Stücks selbst – vom raubeinigen Seemann bis zum elitären Kunstfreak. (…) Diese Selbstironie setzt sich im Anhang fort: Dort befindet sich eines der surrealsten und vergnüglichsten Glossare seit langem. In »fröhlicher Willkür« stellt Schuberth Begriffe wie »Wolford-Unterwäsche«, die Namen osmanischer Piraten und Thomas Bernhard nebeneinander und spart dabei nicht mit satirischen Seitenhieben – auch gegen sich selbst.
ORF online
Beim Aufprall dieser zwei nur scheinbar undurchlässigen Welten kommen der Narzissmus, die Wehleidigkeit und die hinterhältige Schulterklopferei (nicht nur) im heimischen Kulturbiotop aufs Fröhlichste zum Vorschein. Wer hier im Wahn lebt, ist in dem aktionsreichen Stück bald nicht mehr so klar, ein massives Auftreten des Stockholm-Syndroms tut ein Übriges, und bald wird klar, dass die Vertreter der urbanen Kulturkonsumentenszene weniger auf offener See, sondern doch lieber im Tümpel mit den immer gleichen Fischchen agieren würden. Was es mit Oscar Wilde, der im Stück kluge, höchst aktuelle Worte zu gut gemeinter, aber verunglückter Kunst spendet, und dem Sozialismus auf sich hat, können die Leser in einem angehängten Essay erfahren. Wissenswertes unter anderem zur Geschichte der Piraterie gibt es in einem Glossar zu erfahren. Zu hoffen bleibt, dass Schuberths witzig-böses Stück bald den Weg auf die Bühne findet. In der Zwischenzeit sollte man sich szenische Lesungen der mit wunderbaren Sea-Shanties gespickten Burleske nicht entgehen lassen.
Karl Gedlicka, Concerto